Ausflüge in die Alpen oder wie in diesem Jahr nach Reinsdorf südlich Berlin sind inzwischen fester
Bestandteil in der Ausbildung des Luftsportverein-Rintelns. Vom 23.07. bis 06.08.2016 dauerte das diesjährige
Fliegerlager, gemeinsam mit Segel-Flugschülern und Streckenfliegern.
Insbesondere die Ausklinkhöhe an der Winde lockte die Rintelner Segelflieger an. Adrian Glauner, Thomas Koch
und Joe Schumacher zogen die Anhänger von Rinteln nach Reinsdorf. Übernachtet wurde überwiegend in Zelten,
vor dem Frühstück wurden die Segelflieger aus den Anhängern gezogen und zusammengebaut. Gerd und Lore Bullerdiek sorgten für ein zünftiges Frühstück. Das Mittagessen kam oft aus der Dose und abends wurde gemeinsam gegrillt.
Halb zur Sonne und wieder zurück Armin Lukas ist fasziniert vom 1000m Windenstart: „Come on and get high.“ ruft er während der Minute im steilen Start. „Wenn dann das Seil automatisch ausklinkt, ist man knapp unter den Wolken, einfach super! Von Null auf 960 Höhenmeter in nur 60 Sekunden.“
Flugfaszination der jungen Nachwuchspiloten Fluglehrer Jörg Bachmann (48) weiß um die Faszination, er selbst ist in diesem Alter zum Fliegen gekommen:
„Ich war ein typisches Flugplatzkind. Mein Vater durfte von seinen Eltern aus nicht fliegen, ich durfte Dank
dieser Erfahrungen meiner Eltern das Fliegen erlernen und so habe ich viele meiner Wochenenden auf dem
Flugplatz in Rinteln verbracht, viel Menschliches und Technisches gelernt. Eine echte Alternative zu Disco und
Party-time.“ Kein Wunder, dass er die Flugfaszination der jungen Nachwuchspiloten gut nachvollziehen kann.
„Mir gefällt, dass man beim Segelfliegen allein mit der Kraft der Natur stundenlang fliegen kann. Wir brauchen
immer nur eine kleine Anfangsenergie.“ Inzwischen ist er mit rund 1000 Flugstunden ein erfahrener Pilot im
Verein, der rund 100 Mitglieder zählt. Seine Zwillinge Ole und Malte Bachmann (15) fliegen inzwischen
selbstverständlich auch.
Mädchen und Frauen finden mehr und mehr Spaß am Flugsport.
Zwar ist der Flugsport immer noch eine Männerdomäne, aber das ändere sich schon. „Wir haben inzwischen fünf Pilotinnen“, so Bernd Konitz, Ausbildungsleiter, Tendenz steigend. Denn auch Mädchen und Frauen finden mehr und mehr Spaß am Flugsport. So wie die 14-jährige Maike Langermann. „Die Landungen und Starts faszinieren mich einfach, ich genieße die Zeit mit Gleichaltrigen, in der Thermik kann ich alles um mich herum für einen Augenblick ausblenden – einfach nur genießen und freue mich montags schon wieder auf das kommende Wochenende auf dem Flugplatz in Rinteln.“ Aus eigener Erfahrung wissen alle aktiven Flugschüler und -schülerinnen, dass sie möglichst schnell „in die Luft gehen“ wollen.
Vom Fußgänger zum Piloten: Wer mit einem Segelflieger in die Lüfte starten will, muss eine gründliche Ausbildung hinter sich bringen. Die nötigen Flugstunden werden in einem Doppelsitzer vom Typ ASK-21 zusammen mit einem Fluglehrer absolviert. „Je nachdem wie engagiert man ist, kann man das schon in einer Saison, also zwischen März und Oktober schaffen“,
erklärt Vorstandsmitglied Ulrich Kaiser. Die Kosten der gesamten Ausbildung bis zum PPL-Schein nach etwa drei
Jahren belaufen sich auf etwa 1000 Euro. Dafür kann sich jeder an den insgesamt sechs Maschinen des Luftsportvereins Rinteln bedienen. Nach der A-Prüfung fliegen die Schüler unter Aufsicht der Fluglehrer in Platznähe und absolvieren B- und C-Prüfungen. Der Führerschein der Lüfte folgt zumeist ein bis zwei Jahre später. Adrian Glauner steht nun kurz vor Ende seiner Ausbildung, er hat jetzt nach sehr gut bestandener
Theorieprüfung nur noch die Praxisprüfung vor sich. Dann darf er endlich Gäste mitnehmen und braucht den Fluglehrer nicht vor jedem Start um einen Flugauftrag bitten.
„In erster Linie wollen sie das Fliegen lernen.“ weiß Joe Schumacher, ehemaliger Kapitän bei der Lufthansa.
„Aber sie müssen auch Verantwortung füreinander übernehmen, Materialpflege betreiben und Teamgeist beweisen. Natürlich gehört zur Ausbildung auch Theorie dazu.“ Segelflugzeuge fliegen überwiegend mit der Kraft der Thermik. Das mit 450 Kilogramm leichte Flugzeug wird mithilfe einer Winde und einem Seil in die Luft gezogen.
„Sobald es dann in der Luft ist, fliegt es wie jedes andere Flugzeug auch, egal ob große Passagiermaschine oder kleiner Segelflieger. Das ist überall dasselbe Prinzip“, so der ehemalige Jet-Flieger Schumacher. Durch die besondere, gebogene Form der Flügel entsteht Auftrieb. Der dadurch entstehende Druck zieht und drückt das Flugzeug in die Luft. Um die notwendige Geschwindigkeit zu halten, fliegt das Segelflugzeug im konstanten Sinkflug. Um wieder in größere Höhe zu kommen, sucht der Pilot nach Aufwinden. Thermik heißt es, wenn das
Flugzeug Aufwinde nutzt, Hangwinde sind luvseitige Stauwinde vor einem Berg. Beides sind Möglichkeiten, einen Flug zu verlängern. Fliegt man bei der Thermiksuche entlang einer geplanten Linie, so kommen mit dieser Technik Langstrecken-Piloten schon mal auf bis zu 1000 Kilometer weit. In der Segelfliegersprachesprache heißen diese Flüge dann Überlandflüge.
Was machen Segelflieger bei Schlechtwetter?
Inliner-Touren durch einsame Landschaften, Go-Kart-Touren für die Jugend von heute und Ausflüge ins
Tropical-Island oder ins Junkers Museum in Berlin sowie Besichtigungen nahegelegener Dörfer boten sich im
einsamen Brandenburg an. „Das Schöne am Segelflug ist, dass die Ausbildung auch als Basis für weitere Flugscheine hergenommen werden kann“, so Karsten Fahrenkamp, erste Vorsitzender des LSV-Rinteln: „So könne auch ein Schein für Motorsegler im Anschluss gemacht werden. Motorflieger werden in Rinteln aber nicht ausgebildet.“ Laurenz Schädel (14) möchte gerne im Anschluss an seine Segelflugkarriere weiter in die Motorfliegerei.
Besucher und Interessierte sind herzlich eingeladen
Interessierte sind herzlich eingeladen, sich über den Flugbetrieb und die Bedingungen auf den Weserwiesen im
Süden der Stadt Rinteln zu erkundigen. www.lsv-rinteln.de