Talentschmiede Rinteln: Jungpiloten übertreffen Erwartungen

Über mangelnde Nachwuchstalente braucht sich der LSV Rinteln derzeit nicht Gedanken zu machen: Drei Jungpiloten konnten am Wochenende bedeutende Meilensteine ihrer jeweiligen Fliegerbiografien erreichen. Während Tim Ackmann (14) nach nur 60 Starts das erste Mal solo fliegen durfte, gelang Lukas Weihmann (16), der erst eine Woche zuvor diesen Schritt geschafft und damit die «A-Prüfung Segelflug» bestanden hatte, in Rekordzeit die Umschulung auf ein einsitziges Segelflugzeug. John Berroa (32) brillierte mit einer persönlichen Bestleistung über fast drei Stunden im reinen Segelflug und einer anschließenden Kurzlandung von unter 150m Ausrollstrecke.

Tim Ackmann (14) hebt in der ASK-21 zu seinem ersten Solo-Flug ab

Als Tim Ackmann (14) am Morgen auf den Flugplatz in Rinteln kam, hätte er sich wohl noch nicht träumen lassen, dass er ihn am Abend als «Alleinflieger» verlassen wird. Der Vierzehnjährige hatte vergangenes Jahr mit 13 Jahren seine Ausbildung im Verein begonnen. Wann immer es möglich war und das Wetter mitspielte, reihte er sich seitdem am Wochenende mit in den Kreis der Nachwuchspiloten des Vereins ein. Die 10 Rintelner Fluglehrer erkannten bald sein Talent: Ackmann lernte sehr schnell und konnte die anspruchsvollen Techniken zum Bedienen des Luftseglers rasch umsetzen. Auch nach der «Winterpause» von November bis März, in der kaum Flugbetrieb stattfand, ließ er nicht locker und trainierte mangels Flugmöglichkeiten im Winterwetter kurzerhand zu Hause vom heimischen PC aus auf einem Flugsimulator weiter.

Tim Ackmanns Familie konnte die Solo-Starts ihres Sohnes und Enkels vom Vorplatz aus verfolgen

«Wir sehen häufiger, dass etwa Modellflieger, oder eben auch Flugsimulator-Begeisterte deutlich Vorsprung gegenüber Flugschülern entwickeln, die ihre Flugpraxis ausschließlich in der Ausbildung auf dem Platz erhalten», erläutert Stephan Beck, nachdem er den letzten zweisitzigen Flug vor dessen erstem Alleinstart mit dem Jungpiloten durchgeführt hat. «Der Transfer vom virtuellen Fliegen auf das echte Fluggerät scheint tatsächlich zu funktionieren», so der Routinier. Beck weiß, wovon er spricht – er selbst kann mit Erfolgen als dreifacher Militärweltmeister sowie Nationalmannschaftsmitglied aufwarten. Während der Alleinflüge seines Schülers bleibt er oder ein anderer Fluglehrer vom Boden aus per Funk in Kontakt und gibt bei Bedarf Anweisungen.

Stephan Beck (li.) und die Mannschaft des Fluggeländes; in der Mitte Tim Ackmann und Lukas Weihmann (erhobene Daumen)

«Der erste Alleinflug ist ein bedeutender Schritt in der Ausbildung eines Segelflugpiloten, stellt jedoch nur etwa ein Drittel der gesamten Schulung dar», erläutert Beck weiter. Es folgten theoretischer Unterricht, praktische Übungen und das Vertiefen der Flugfertigkeiten. Am Ende der Ausbildung stehe ein 50 Kilometer langer Streckenflug sowie eine praktische Prüfung. Die zweite wichtige Etappe in der Ausbildung, an die sich jeder Segelflieger lange zurückerinnere, sei die Umschulung vom Doppelsitzer auf ein einsitziges Muster, das deutlich wendiger und agiler zu steuern ist als die sehr gutmütige, von Beck liebevoll als «geduldiges Arbeitstier» umschriebene ASK-21, in der zwei Piloten Platz finden. In der Regel vergehen mehrere Wochen bis zu diesem Schritt in der Segelflugkarriere.

Der Astir am Windenseil: Lukas Weihmann’s erster Start mit diesem Muster

Nicht so bei dem ebenfalls jugendlichen Lukas Weihmann (16), der erst am vergangenen Wochenende seinerseits die ersten Solo-Starts absolviert hatte. Seitdem war Weihmann kaum aufzuhalten – nutzte jede Gelegenheit für weitere Übungsflüge ohne Lehrer an Bord, sodass er bereits nach nur einer Woche auf den Einsitzer «Astir» des Clubs umschulen konnte, der u.a. über ein Einziehfahrwerk und bessere Kreisflugeigenschaften verfügt. «Man kann sich gar nicht vorstellen, wie leise das Flugzeug wird, wenn man das Fahrwerk einfährt», berichtet Weihmann begeistert von seinen ersten Flugeindrücken. «Die Steuerung fühlt sich sehr viel leichter an – man kann an den Rudern wirklich jede Böe spüren», so der 16-Jährige weiter.  

Lukas Weihmann (li.) ist bereit für seinen ersten Start im Einsitzer „Astir“ und erhält von Tim Ackmann (re.) vor dem Flug nochmals Zuspruch

Bereits über einen Segelflugschein verfügt John Berroa (32), der die Ausbildung im Herbst letzten Jahres erfolgreich abgeschlossen hat. Auch er konnte am Wochenende eine persönliche Bestleistung feiern: nach einem Start an der Seilwinde gelang es ihm, über 1000 Meter an Höhe zu gewinnen und sich insgesamt über 170 Minuten in der Luft zu halten. Als er anschließend in einem Zielfeld von unter 150 Metern den Flug mit seiner bislang kürzesten Landung abschließen konnte, markierte das den Schlussakkord eines rundum gelungenen Flugtags.

Volle Konzentration: John Berroa (an der Tragfläche) gibt das Zeichen zum Start für Tim Ackmann (im Cockpit)